JNG #345: 📄 Sachverhalte sind keine Reels

Wer genau liest, gewinnt.

Warum dich das jucken sollte: Du wirst in Klausuren augenblicklich ruhiger. Außerdem wirst du im Alltag seltener verarscht.

⏱️ Lesezeit: 5,5 Minuten

Mir fällt das in letzter Zeit wieder ständig auf. Nicht nur an Black Friday, nicht nur in Antworten auf diese Newsletter. Die Leute lesen zu schnell – und übersehen, was direkt vor ihnen liegt. In meiner letzten Kampagne gab es Freebies, die man nur mit etwas Geduld und sauberem Lesen freischalten konnte. Tausende haben sie verpasst, weil sie nicht aufmerksam genug waren – ein paar Hundert haben mir glückliche Screenshots bei Instagram geschickt.

Und auch „Profis“ können sich davon nicht freimachen: Ich habe kürzlich im Wege der Umstellung auf unsere neue Plattform Upside-down ein Gutachten zu meinen Lernmaterialien eingeholt. Im Gutachten ging es unter anderem um mein Konzept der Notfallklausur. Ich schrieb unmissverständlich, dass man damit „nicht unter drei Punkten“ lande – der Gutachter kreidete mir an, eine solche Leistung reiche nicht zum Bestehen.

Wenn selbst staatlich geprüfte Gutachter so daneben greifen, weißt du, wie underrated Lesekompetenz ist.

Wir räumen also heute mal wieder mit der Illusion auf, dass Wissen dein Problem ist.

Das Jahr klingt langsam aus – und mit dem 1. Januar stellen wir komplett auf die neue Lernplattform Upside-down um. All-Access wird dann Geschichte sein.

Wer jetzt noch All-Access bucht (halbjährlich oder lebenslang), wird im neuen Jahr automatisch auf Upside-down umgestellt und spart damit 200–400 €, weil es die alten Tarife nach dem 31.12. nicht mehr geben wird.

Wenn du also ohnehin mit dem Gedanken gespielt hast, einzusteigen – und im Januar mit der Upside-down-Methode starten willst, um in sechs Monaten examensreif zu werden –, dann ist jetzt der Moment, bevor die Preise hochgehen.

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Deine größte Schwäche ist nicht dein Kopf – es ist dein Auge

Alle denken, ihnen fehle Wissen. Das stimmt so gut wie nie. Das eigentliche Problem liegt im Auge des Betrachters.

  • Du übersiehst kleine Wörter wie „nur“, „auch“, „und“, „oder“, „es sei denn“ – genau die Wörter, die eine Norm oder eine Fallfrage in eine ganz andere Richtung lenken können.
  • Du liest Mails, Skripte und Sachverhalte im selben Tempo, in dem du durch Reels skippst.
  • Du übersiehst Details, weil dein Blick verschwimmt, sobald ein Satz mal mehr als 15 Wörter hat.

Wer so liest, verliert, bevor die Prüfung überhaupt beginnt.

Content ruiniert deine Lesekompetenz

Du bist daran gewöhnt, Texte wegzuklicken. Ein Feed, der einfach durchrauscht. Dein Gehirn passt sich an.

  • So trainierst du täglich: kurze Clips, kurze Captions, null Tiefe – das wird dein new normal.
  • Lange Sätze lösen Widerstand aus, weil du keine Übung mehr darin hast.
  • Dein Daumen will weiterwischen, dein Kopf will mehr Dopamin – nicht deinen letzten Gedanken zu Ende denken.
  • Dieser Reflex bleibt selbst bei Texten aktiv, die dich eigentlich interessieren sollten – Paragrafen, Entscheidungen, Sachverhalte.

Die Welt wird sich für dich nicht ändern. Also musst du es.


Juristische Texte zu lesen, ist eine eigene Disziplin

Juristische Texte zu lesen, heißt nicht: links rein, rechts raus. Juristische Texte zu lesen, heißt: Satz für Satz und Wort für Wort sezieren.

  • Ein Sachverhalt ist kein Roman, bei dem du Passagen überspringst. Jede Angabe in einer Examensklausur steht aus einem ganz bestimmten Grund da.
  • Eine Norm ist keine erste Idee, sondern ein Bauplan aus Bedingungen, Ausnahmen und Verweisen.
  • Lies Falllösungen aufmerksam, wo es drauf ankommt – und selektiv dort, wo der Punkt längst klar ist.

Du willst als Jurist*in ernst genommen werden? Dann lies auch so.

So liest du einen Sachverhalt

Du brauchst kein neues Auge und keine neue Brille. Du brauchst eine neue Art, das Blatt in die Hand zu nehmen.

  • Beim ersten Lesen landet jedes rechtlich andockende Stichwort direkt in deiner dreispaltigen Tabelle – nicht am Sachverhaltsrand.
  • Linke Spalte: Stichwort. Mitte: rechtliche Assoziation. Rechts: passende Norm.
  • Nach dem ersten Lesen prüfst du nur die dünnen Zeilen: Genau dort liest du erneut im Sachverhalt nach und ergänzt, was bislang noch fehlt.
  • Am Ende streichst du alles aus der Tabelle, was sich als Ballast entpuppt.

Wenn du das so machst, liest du nicht mehr nur einfach – du interagierst mit dem Text.

So liest du eine Norm

Das Gesetz ist dein Werkzeug. Und es gehört nicht in eine schöne Tasche, die „Jura-Student“ schreit. Es soll zerfleddert sein, weil du damit arbeitest – nicht, weil du es herumträgst.

  • Lies die Norm laut. Dein Ohr merkt Brüche, die dein Auge übersieht.
  • Presse die Norm in ein Wenn–dann-Schema: links Tatbestand, rechts Rechtsfolge. Dann bringst du die Tatbestandsmerkmale in eine logische Reihenfolge und wirfst die negativen Tatbestandsmerkmale raus.
  • Aus dieser vorsortierten Liste baust du dein erstes Prüfungsschema.
  • Danach stellst du dir einen extrem einfachen Fall vor, der ohne Zögern unter die Norm fällt.

Erst wenn du eine Norm so auseinander nimmst, gehört sie dir wirklich.

Der Alltag ist dein Trainingslager

Du musst nicht warten, bis du das nächste Mal das Gesetz liest oder eine Probeklausur schreibst. Dein Alltag liefert genug Material.

  • Lies jede wichtige Mail einmal langsam, bevor du antwortest. Keine Schnellschüsse mehr.
  • Markiere in Vertragsunterlagen und AGB nur die Stellen, die dir übel aufstoßen – und lies genau diese Stellen ein zweites Mal laut.
  • Nimm dir jeden Tag einen Absatz aus einer Norm mit über 1.000 Entscheidungen vor (kannst du ganz easy mithilfe von einem Tool wie dejure.org ermitteln) und zerlege ihn wie oben beschrieben.
  • Analysiere täglich einen kurzen Sachverhalt ohne Handy: nur du, Text und Stift.

Wer im Alltag sauber liest, verfällt im Examen nicht in alte Muster.

Konkrete Umsetzung: Dein Mini-Programm für die nächsten 7 Tage

Ab hier gibt es keine Ausreden mehr. Du baust dir jetzt ein kleines Leseworkout für eine Woche.

Tag 1: Einen kurzen Sachverhalt mit der Mindning-Tabelle lesen und nur die dünnsten drei Zeilen überarbeiten.
Tag 2: Drei Normen aus dem Rechtsgebiet, das dir am meisten Probleme macht, laut lesen und in ein Wenn–Dann-Schema pressen. Wenn [Tatbestand], dann [Rechtsfolge].
Tag 3: Jede Mail mit mehr als fünf Zeilen zweimal lesen – einmal skimmen, einmal für Details – und den Kern in einem Satz zusammenfassen.
Tag 4: Eine Seite Lehrbuch zu einem Thema lesen, das du ohnehin vertiefen wolltest (Handy weg!), und danach in Form von drei Aussagesätzen festhalten.
Tag 5: Den Sachverhalt von Tag 1 nehmen und nur über deine Mindning-Tabelle rekonstruieren.
Tag 6: Wieder drei Normen – diesmal die Rechts- oder Deliktsnatur bestimmen.
Tag 7: Einen kompletten Sachverhalt inkl. entscheidender Normen durchgehen und fünf Punkte notieren, die dir letzte Woche noch entgangen wären.

Die Pointe ist simpel: Wer Jura richtig lernen will, muss Jura richtig lesen.

Wann immer es sich richtig für dich anfühlt – drei Wege, wie ich dich unterstützen kann:
  1. Buch: In Von 0 auf Examen zeige ich dir Schritt für Schritt, wie du Fälle ins Zentrum deiner Vorbereitung stellst, Stoffberge reduzierst und in 3–6 Monaten realistisch ins Examen gehen kannst.

  2. Lernplattform: In All-Access treffen wir uns jeden Monat zu interaktiven Workshops rund um die Fallbearbeitung, veranstalten Sprechstunden für fachliche, methodische und organisatorische Fragen und stellen einen riesigen Fundus an Original-Examensklausuren zur Verfügung.

  3. Einzeltraining: In der Flatrate kannst du dir so viele Einheiten buchen, wie du brauchst – jede individuell auf deine Fragen, Fälle und Lernfortschritte zugeschnitten. Ideal, wenn du dir eine persönliche Begleitung bis zu deinen Examensklausuren wünschst.


#examensrelevant



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